Eine Chance für die Innenstädte

Kann Homeoffice für Entspannung auf dem Wohnungsmarkt sorgen?

Der Trend zum Homeoffice bewirkt bereits einen drastischen Rückgang der Nachfrage nach Büroimmobilien – nur ein kurzfristiger Corona-Effekt oder nachhaltige Entwicklung?

Apartments ©pixabay

Homeoffice statt Büroturm – in Deutschland ist der Markt für Bürovermietungen drastisch eingebrochen, im ersten Quartal um satte 30 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum, der umsatzschwächste Dreimonatszeitraum seit dem dritten Quartal 2014. Keine der sieben Top-Metropolen (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München, Stuttgart) blieb verschont. Homeoffice und Konjunkturflaute könnten eine Entwicklung einläuten, die sich äußerst positiv auf den Wohnungsmarkt in Großstädten auswirken könnte. Nach Ansicht von Experten könnten frei werdende Büroflächen umgewidmet und als Wohnfläche genutzt werden. Haben in den letzten Jahren protzige Bürokomplexe und schicke Geschäftsräume in der Innenstadt den Wohnraum verknappt und die Mieten in die Höhe getrieben, ist dieser Trend erstmals seit über zehn Jahren gebrochen.

Grund zum Optimismus?

Auch wenn laut Handelsblatt das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) „keine Indizien“ dafür sehe, dass der Trend zum Homeoffice den Büroimmobilienmarkt ins Wanken bringen könnte, darf man verhalten optimistisch sein, was die Stadtentwicklung in den nächsten Jahren betrifft. Sicherlich werden auch in Zukunft noch Büros und repräsentative Geschäftsräume in der Innenstadt benötigt und genutzt werden. Denn wie eine Umfrage des IW zeige, wollen in den kommenden zwölf Monaten gerade einmal 6,4 Prozent der Unternehmen ihre Büroflächen reduzieren. Zwei Drittel der Firmen nämlich hätten nicht vor, ihren Beschäftigten nach der Corona-Krise mehr Homeoffice als vor der Krise zu ermöglichen – schade. Daher wolle fast jedes fünfte Unternehmen keine Büroflächen loswerden, sondern umbauen, etwa um mehr Platz für Kommunikation und Austausch schaffen.

Aber: Nach Analysen der Marktbeobachter von JLL „wirkt sich die Corona-Krise auf aktuelle Überlegungen zum Thema Neuanmietungen oder Mietvertragsverlängerungen aus“. Es steht also zu vermuten, dass in den nächsten Jahren zumindest der Bedarf an neuen Büroflächen eher rückläufig sein wird. Schon allein deshalb, weil Firmen mit neuen Arbeitsmodellen, die weniger Präsenzarbeitsplätze erfordern, gerade bei den Bürokosten erheblich einsparen könnten.

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Der Effekt für den Wohnungsmarkt wäre enorm

Laut Deutschem Mieterbund, IG Bau und Caritas gibt es in Deutschland über 350 Millionen Quadratmeter Bürofläche. Mit jedem Prozent an Fläche, das vom Büro- zum Wohnraum umgewidmet würde, ließen sich rund 50.000 neue Wohnungen mit je 70 Quadratmetern schaffen. Bis 2025 könnten 235.000 Wohnungen allein in innerstädtischen Bereichen entstehen, rechnen die Verbände vor und bringen bereits jetzt eine Sozialquote für bezahlbare Wohnungen ins Spiel. Denn, so beklagt der Bundesvorsitzende der IG Bau, Robert Feiger, „seit Horst Seehofer Bundesbauminister ist, gibt es nicht mehr, sondern weniger Sozialwohnungen.“ Trotz der vollmundig angekündigten „Wohnraumoffensive“ sei der Schwund enorm: „43.000 Sozialwohnungen sind bundesweit in den vergangenen fünf Jahren vom Markt verschwunden – und zwar Jahr für Jahr.” (dpa)

Wenn die Politik diesmal nicht verschläft, diese möglichen Entwicklungen richtig zu regulieren bzw. fördern, könnte der Trend zu mehr Homeoffice eine echte Chance für den Wohnungsmarkt in den Städten sein. Dazu kommt, dass durch mehr Homeoffice mehr Menschen aus der Stadt ins Umland ziehen und so den Wohnungsmarkt zusätzlich entlasten könnten. Die positiven Folgen: Der Preisdruck auf Mieten und die Kosten von Wohneigentum in den Städten würde nachlassen. Die entscheidende Frage ist, wie Politik und Wirtschaft mit dem Homeoffice-Trend nach Corona umgehen!
Die Hoffnung stirbt zuletzt.

 

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